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Archive for Dezember 2018

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Hier geht es los             Fortsetzung 1      Fortsetzung 2

3.

Abends hatten wir echt schon eine Menge geschafft. Hungrig und erschöpft saßen wir in der Küche, dem einzigen Raum, in dem noch fast alles an seinem Platz stand. Mama hatte uns ein leckeres Abendbrot gezaubert aus den Resten von Raclette am Silvesterabend. Wir aßen schweigend, irgendwie war jeder von uns mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt.
Ich war gespannt, was es mit der Wahl des Zimmers auf sich hatte, konnte aber mit niemandem darüber reden. Papa dachte wohl darüber nach, was er nach dem Essen noch erledigen konnte und Mama stand die Panik im Gesicht.
„Die Küche muss dann morgen nach dem Frühstück ausgeräumt werden. Das wird noch viel Arbeit. Was für ein Glück, dass wir die Küchenmöbel nicht mitnehmen müssen. Die bleiben für den Nachmieter stehen!“, sagte sie und seufzte.
„Dann haben wir ja gar keine Küche mehr!“, jammerte Jule und brach in Tränen aus. „Was sollen wir denn dann essen? Müssen wir verhungern?“, fragte sie.
„Aber nein, Kind. Das müssen wir nicht. Oma hat doch eine schöne große Küche, die dürfen wir erstmal mitnutzen. Später bekommen wir dann eine eigene Küche. Das Haus hat ja viele Zimmer, da werden wir uns ganz schön einrichten und du bekommst sogar ein eigenes Zimmer für dich ganz allein!“, versprach Mama.
„Ihr werdet sehen wie toll es bei Oma ist!“, schwärmte Papa. Der musste es ja wissen, denn er war dort aufgewachsen. „Am schönsten ist es im Frühling und Sommer, denn der Garten ist ein Paradies. Es gibt dort noch Elfen, ich habe selbst mal eine gesehen!“, behauptete er. Jule machte große Augen, Elfen fand sie toll. Gerade hatte sie noch zu Weihnachten zwei neue Elfen für ihre Sammlung bekommen. Ich stand nicht so auf Märchen und hatte mir lieber einen Scooter gewünscht. Das ist so ein Roller, mit dem man Kunststücke machen kann, ihr wisst schon. Ich habe auch einen bekommen, dazu einen Sturzhelm und Knieschoner sowie Handschuhe, albern, aber wohl nicht zu ändern. Meine Eltern meinten, dass ich den Scooter nur benutzen darf, wenn ich dieses ganze Gedöns anziehe. Was bleibt mir übrig, vielleicht haben sie sogar recht.
„Und jetzt ab ins Bett!“, ordnete Mama an.
Der erste Tag des neuen Jahres war schon wieder vorbei und morgen, an Tag Zwei, würde ich mit Papa zu Oma fahren und hoffentlich endlich erfahren, was in „meinem“ Zimmer so besonders war.

Fortsetzung folgt
© Regina Meier zu Verl

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Anfang

Fortsetzung 1

 

Am Neujahrstag hätte ich gern länger geschlafen, doch Jule war schon früh putzmunter. Kein Wunder, denn am Silvesterabend war sie schon zeitig eingeschlafen und Papa hatte sie ins Bett getragen. Ganz ehrlich: am liebsten habe ich meine Schwester ja wenn sie schläft!
Trotzdem haben wir dann gemeinsam Frühstück für unsere Eltern vorbereitet, das hat Spaß gemacht und die beiden haben sich gefreut, glaube ich. Mama guckte zwar nicht so glücklich, das kann aber daran gelegen haben, dass sie einfach noch zu müde war.
„Ich gehe nun erstmal duschen!“, verkündete Papa gut gelaunt. „Anschließend machen wir eine Familienkonferenz!“
Oh je, ich mochte diese Familienkonferenzen so gar nicht leiden. Warum? Na, weil da immer Aufgaben verteilt wurden, es roch nach Arbeit, und diesen Geruch mochte ich noch nie.
Genauso kam es dann auch. Die Umzugspläne waren das Thema und es wurden Aufgaben verteilt, wusste ich es doch.
Jule und ich sollten zuallererst mal unser Spielzeug in Kisten packen, fein säuberlich und platzsparend.
„Ich zeige euch, wie man das macht!“, versprach Papa. Er selbst und Mama würden im Wohnzimmer anfangen und das Geschirr sorgsam einpacken.
„Am 3. Januar kommt der Umzugswagen, pünktlich um Acht. Dann werden alle Kästen und Kisten eingeräumt und die Möbel. Ich selbst fahre morgen Abend schon zu Oma und bereite dort alles vor“, sagte Papa.
„Ich könnte doch schon mitfahren!“, schlug ich vor und dachte dabei an das Versprechen, das ich Oma gegeben hatte. Ich wollte auf jeden Fall sicherstellen, dass ich in das Zimmer mit der blauen Tür einziehen konnte. Mama und Jule könnten ja dann mit Mamas Auto nachkommen, wenn die Umzugsleute alles verstaut hätten.
„Gute Idee!“, meinte Mama, die etwas nervös war und sicherlich erleichtert war, wenn sie ein Kind weniger hatte, um das sie sich kümmern musste. Jule war ja schon anstrengend genug.
Das hatten wir also zu meiner Zufriedenheit geregelt, jetzt ging es ans Einpacken. Puh, das war anstrengend …

Fortsetzung folgt
© Regina Meier zu Verl

 

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Teil 1 – Der Anfang (Klick)

Fortsetzung 1

Der Abend war dann doch noch sehr schön. Um Mitternacht gingen wir auf den Balkon und schauten uns das Feuerwerk an. Wir selbst hatten keine Feuerwerkskörper gekauft. Mama hatte uns erklärt, dass sie davon gar nichts halte.
„Da wird viel Geld in die Luft geschossen, das ist nicht gut für unsere Umwelt und schon gar nicht für die Tiere, die fürchten sich nämlich sehr!“
So eine winzige Rakete hätte ich schon gern abgeschossen, oder auch zwei oder drei. Aber, wie ich schon sagte: Wenn Erwachsene was beschließen, dann haben wir Kinder keine Chance, immerhin gab es ein paar Wunderkerzen, das war auch schön und in unserer Siedlung wurde genügend geballert, da hatten wir dann alle was davon.
Nach dem Feuerwerk riefen wir dann Omi an, die schon auf unseren Anruf gewartet hatte.
„Hier ist es sehr ruhig!“, sagte sie, nachdem sie uns ein frohes neues Jahr gewünscht hatte.
„Das ändert sich bald, Mutter. Nach Neujahr fangen wir an, unsere Sachen zu packen und dann sind wir schon bald bei dir!“, sagte Papa und er zwinkerte mir zu. Ich ließ mich dazu hinreißen, zurück zu zwinkern, denn Omi freute sich so auf uns, das wollte ich ihr nicht verderben.
„Lisa, ich muss dir dringend was sagen“, meinte Oma, als ich an der Reihe war, Neujahrsgrüße auszusprechen. „Es ist aber ein Geheimnis und du musst mir versprechen, niemandem etwas davon zu erzählen!“
Oh, ich liebte Geheimnisse und natürlich würde ich das für mich behalten, was Oma mir sagen wollte.
Ich ging also mit dem Telefon aus dem Zimmer, damit uns niemand belauschen konnte.
„Jetzt kann es losgehen, Oma!“, sagte ich und lauschte gespannt.
„Hier im Haus gibt es viele Zimmer, das weißt du ja“, legte Oma los. „du musst darauf bestehen, dass du den Raum oben, gleich neben der Treppe bekommst. Weißt du, welchen ich meine?“, fragte sie.
„Klar weiß ich das! Opas ehemaliges Arbeitszimmer meinst du doch, oder?“
„Genau, das Zimmer mit der blauen Tür! Sieh zu, dass es dein Zimmer wird. Das ist wichtig!“, sagte Oma noch und dann mussten wir auflegen, denn Papa wollte unbedingt noch seinen Freund anrufen.
Gespannt wie ein Flitzebogen war ich, was es mit dem Zimmer auf sich hatte. Beinahe freute ich mich nun auf den Umzug.

Fortsetzung folgt
© Regina Meier zu Verl

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Lisa und Jule ziehen um. Da Oma allein in ihrem Haus lebt, liegt es nah, dass man zu ihr zieht, dann ist sie nicht so allein. Außerdem liebt sie die Mädels sehr. Lisa ist aber nicht glücklich. All ihre Freunde wird sie zurücklassen, das stimmt sie traurig.

Es ist Silvester, als die Eltern ihren Töchtern die Neuigkeit eröffnen, die Stimmung ist auf dem Nullpunkt … Lisa erzählt:

Das Zimmer mit der blauen Tür

 

Wenn ich geahnt hätte, was mich in Omas Haus erwarten würde, dann hätte ich mich auf den Umzug gefreut. Aber das konnte ich ja nicht wissen, also reagierte ich zuerst mit Gemaule.

„Das ist doch nicht euer Ernst!“, fuhr ich meine Eltern an. „In diese verlassene Gegend kriegen mich keine zehn Pferde!“

Papa grinste, es war ein böses Grinsen. Jedenfalls empfand ich das so und es machte mir sogar ein wenig Angst.

„Dir wird wohl nichts anderes übrig bleiben!“, verkündete er und damit war das Thema für ihn vom Tisch. Mama machte immerhin noch den Versuch, mir den Umzug schmackhaft zu machen.

„Sieh es doch mal so: Du wirst neue Freunde finden und wir werden einen schönen Garten haben. Da kannst du dann im Sommer ein Plantschbecken aufstellen, das hast du dir doch immer so gewünscht!“

Ich schüttelte entschieden den Kopf. Das einzig Schöne war, dass wir näher bei Oma leben würden. Ansonsten gab es wirklich keine Vorteile, gar keine. Außerdem war jetzt Winter und bis zum Sommer  dauerte es noch lange.

„Die Silvesterparty könnt ihr ohne mich feiern! Ich gehe um Acht ins Bett!“, sagte ich und heiße Tränen liefen über mein Gesicht. Schnell wollte ich in meinem Zimmer verschwinden, damit das niemand merkte. Doch meine kleine Schwester Jule hatte es längst gesehen.

„Die Lisa heult mal wieder! Heulboje, Heulboje!“, rief sie und das machte mich erst recht wütend.

Ich schlug die Tür hinter mir zu und sprang mit einem Satz in mein Bett. Dort zog ich die Decke über meinen Kopf.

Als später Mama in mein Zimmer kam, um mich zum Essen zu holen, hatte ich mich wieder ein wenig beruhigt und ließ mich überreden, an den Silvesterspielen teilzunehmen. Es nützte ja sowieso nichts. Wenn die Erwachsenen eine Entscheidung getroffen hatten, dann war das so und irgendwie sah ich ja auch ein, dass Oma einsam war und wir uns um sie kümmern mussten. Ich hatte meine Oma ja lieb, sie sollte nicht traurig sein.

Kurz vor dem Jahreswechsel starteten wir mit dem Bleigießen. Das war spannend und es entstanden wundersame Gebilde. Ich hatte eine Tür gegossen, das konnte man auf den ersten Blick erkennen. Papa meinte, dass es ein sicheres Zeichen dafür war, dass sich eine Tür in ein anderes Leben öffnen würde. Wie recht er damit hatte, erfuhr ich erst viel später …

 

Fortsetzung folgt

© Regina Meier zu Verl

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Oma Betty und der Jahresrückblick

„Jetzt ist es mir wieder eingefallen!“, rief Oma Betty am Neujahrstag und ihre Augen strahlten.
„Was denn, Oma“, wollte ich wissen.
„Schau mal hier, dieses Buch habe ich mir im letzten Jahr gekauft und hatte ganz vergessen, was ich damit vorhatte.“ Liebevoll strich sie über den Einband des wiedergefundenen Notizbuches. Mir gefiel es auch, vor allem, weil es leer war. Sicher würde Oma Betty wieder einige Geschichten drin aufschreiben, oder aber ihr Sammelbuch für Wörter war voll.
„Was schreibst du da hinein, Oma?“
„Ich schreibe ja jedes Jahr am Neujahrstag einen Jahresrückblick und im letzten Jahr hatte ich doch Mühe, mich an einige Dinge zu erinnern, die da gut hineingepasst hätten. Da habe ich mir dieses Buch gekauft, um immer wieder Dinge drin festzuhalten, die ich für den nächsten Jahresrückblick verwenden könnte. Leider habe ich das vergessen, aber jetzt werde ich das Buch mit Ereignissen und Glücksmomenten füllen. Ich darf es nur nicht zu weit weglegen!“ Oma lachte und wandte sich wieder ihrem Computer zu. Sie tippte ein paar Wörter und lächelte zufrieden.
„Der Anfang ist gemacht!“, verkündete sie.
„Was machst du dann mit diesem Rückblick?“, fragte ich.
„Den versende ich an alle meine Freunde, so als Neujahrsgruß.“, bekam ich zur Antwort. „Willst du mir ein bisschen helfen?“
Klar, das wollte ich gern tun.
„Du könntest über unseren Urlaub an der Nordsee schreiben, oder vom Ausflug in den Tierpark, weißt du noch?“, fing ich an aufzuzählen.
„Ja, und über meine Augenoperation!“, rief Oma und setzte ihre Lesebrille ab. „Ich kann ja jetzt wieder viel besser sehen als vorher!“
„Genau! Und noch was: Schreib über deine Enkelkinder!“, schlug ich vor. Dabei wusste ich, dass Oma das eigentlich immer machte. „Meine Enkelkinder sind meine Goldschätze!“, sagte sie immer und das fand ich natürlich ganz großartig. Wer ist nicht gern ein Goldschatz?
„Lies mal vor, was du schon geschrieben hast“, bat ich Oma Betty.
„Also gut: Liebe Freunde, heute bekommt ihr wieder meinen Jahresrückblick. Viele schöne Dinge sind im vergangenen Jahr passiert, aber auch Traurige. Von vielen Weggefährten mussten wir uns verabschieden …“
„Ach Oma, das ist viel zu traurig. Darüber freut sich doch keiner“, redete ich dazwischen.
„Darum geht es nicht!“, meinte Oma. „Es geht darum, dass wir sie nicht vergessen, die Menschen und auch die Tiere, die ein Stück unseres Weges gemeinsam mit uns gegangen sind!“
Klar, das verstand ich auch und natürlich wollte ich sie auch nicht vergessen.
„Es ist gut, sich zu erinnern!“, sagte ich deshalb. „Lass uns eine Kerze anzünden für die, die nicht mehr bei uns sind!“
Das machten wir dann auch und es hat so richtig gutgetan.
Später schrieb Oma weiter an ihrem Rückblick und ich war der erste, der ihn lesen durfte. Ich habe laut vorgelesen und wir haben gekichert, gelacht und auch etwas geweint – alle Gefühle auf einmal sozusagen.
‚Wir wünschen allen ein frohes neues Jahr 2019‘, beendeten wir unseren Neujahrsgruß und das wünschen wir auch allen, die Omas Geschichten immer lesen.
Eure Oma Betty und ich!

© Regina Meier zu Verl

Noch ist es nicht soweit, Oma Betty hat sich aber mit dem persönlichen Jahresrückblick befasst und verabschiedet sich bis zum neuen Jahr. (Regina ist noch da und macht das dann persönlich, heute kommt erstmal die gesammelte Familie angereist. Ich freu mich schon!)

Oma Bettys Geschichten haben nun eine eigene Seite, siehe oben, dort findet ihr alle Betty-Geschichten gesammelt.

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Frohe Weihnachten

Ich wünsche allen Freunden und Lesern ein fröhliches Weihnachtsfest und bedanke mich für die vielen Besuche und Kommentare im letzten Jahr.

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Die am meisten angeklickte Weihnachtsgeschichte in diesem Jahr „Gut, wenn man Freunde hat“, macht mich nachdenklich. Sind es vielleicht gar nicht mehr die klassischen Weihnachtsgeschichten, die gewünscht werden?

Ich selbst halte diese Geschichte nicht für eine der besten, die ich geschrieben habe. Aber vielleicht ist es gerade dieses Thema, das die Menschen beschäftigt. Weil es Alltag ist, dass Kinder ohne eines der Elternteile aufwachsen? Das kann sein, und nicht überall funktioniert das so gut wie bei uns, denn wir sind ja auch eine „sogenannte“ Patchworkfamilie. Mein Sohn ist auch zum zweiten Mal verheiratet und seine vier Kinder spielen hier in trauter Einigkeit miteinander, Geschwister und Halbgeschwister, Ex-Schwiegertochter und Schwiegertochter, ja sogar die Großeltern verstehen sich weiterhin gut und das zeigte sich besonders bei der Kommunion unseres ältesten Enkelkindes in diesem Jahr. Alle waren da und es war ein durchweg harmonisches Miteinander.

Immer fließen diese Erlebnisse auch in meine Geschichten mit ein und trotzdem sind diese Geschichten oft „Heile-Welt-Geschichten“. Es ist also oft eine Sache des Miteinanderumgehens. Ich bin sehr dankbar, dass es bei uns so gut funktioniert und ich wünsche allen, die Ähnliches erleben, dass es auch ihnen gelingen wird.

Möchtet ihr noch wissen, welche meiner Geschichten MEINE Lieblingsweihnachtsgeschichte ist? Bitte schön, diese Geschichte ist auch „erlebt“ und aufgeschrieben: Gruß von Vater

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Heute mal keine Weihnachts- oder Adventsgeschichte …

Was man früher so sagte

„Jeder hat doch eine Leiche im Keller!“, behauptet Onkel Hermann. Gerade hat er mit Papa über die Nachbarn gesprochen, die ihn mal wieder geärgert haben.
„So langsam aber sicher wird es mir zu bunt. Ich werde es denen schon zeigen!“, fügt er noch hinzu und stürmt dann wütend ins Haus. Ich nutze die Gelegenheit, um Genaueres von Papa über die Leiche zu erfahren. Immerhin klingt das unheimlich und spannend. Für ein Abenteuer bin ich zu haben, jederzeit.
„Was für eine Leiche denn?“, frage ich deshalb. Papa lacht und erklärt mir dann:
„Das sagt man nur so, damit ist gemeint, dass jeder irgendwie Dreck am Stecken hat.“
Damit kann ich auch nichts anfangen, ich frage also weiter.
„Was bedeutet das?“
„Früher hatten die Straßen noch keine Asphaltdecke. Wer von Haus zu Haus oder von Ort zu Ort marschierte, ging über nicht befestigte Wege und hatte dann Dreck an den Schuhen. Das müsstest du doch eigentlich recht gut kennen, wenn ich mir deine Turnschuhe so anschaue! Aber weiter: Man hat dann versucht, mit einem Wanderstock, die schmutzigen Schuhe zu reinigen. Einen Wanderstock nannte man damals auch Stecken. Aber dann hing natürlich Dreck am Stecken. Sinnbildlich wurde das dann auf denjenigen übertragen, der sich eine Schuld aufgeladen hat. Schuld und Sünden stehen für das Schmutzige. Wer also Dreck am Stecken hat, will eine Untat verbergen.“
Ich setze mich zu Papa auf die Treppe. Diese Erklärung reicht mir noch nicht.
„Und was hat das nun mit der Leiche zu tun?“
„Na, es ist genauso wie beim Dreck. Jemand hat etwas zu verbergen, das im Dunklen bleibt. Dann sagt man er habe eine Leiche im Keller!“
„Also hat er gar keine richtige Leiche im Keller, der Nachbar!“, stelle ich fest.
Papa nickt zustimmend, dann sammelt er seine Werkzeuge ein.
„Feierabend für heute. Kommst du mir rein?“, fragt er mich und zwinkert mir zu.
„Ich werde mir jetzt nämlich ein erlesenes Weinchen aus dem Keller holen, der ruht direkt neben unserer Leiche!“
„Mensch Papa, du bist so blöd, ich fasse es nicht!“
„Sei nicht so frech, mein Lieber. Außerdem hast du Dreck am Stecken äh, Turnschuh meine ich. Mach den mal lieber ab, sonst gibt’s Meckerei von Mama!“

© Regina Meier zu Verl

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Der Fremde in der Hütte

Jana hatte das schönste Zimmer im Haus. Oben unter dem Dach lag es und zum Giebel hinaus zeigte das Fenster. Einen weiten Blick hatte man von dort, bis hinunter ins Tal konnte man schauen. Papa hatte eine hohe Sitzbank gebaut, die über dem Heizkörper stand. Von Oma hatte sie bunte Sitzkissen bekommen. Auf der Bank saß Jana gern, wenn sie las oder einfach träumte. Gemütlich war das und schön warm.
Es war Advent und Jana hatte das Fenster mit Strohsternen geschmückt. Rundherum leuchtete eine Lichterkette, denn Mama erlaubte keine echten Kerzen im Kinderzimmer.
In der Schulbibliothek hatte Jana einige Bücher mit Weihnachtsgeschichten ausgeliehen und jeden Abend las sie eine Geschichte bevor sie ins Bett ging. So auch an diesem Abend.
Von Maria und Josef las sie und von deren vergeblicher Suche nach einer Herberge. Jana fand das so ungerecht, wo doch Maria das Jesuskind unter ihrem Herzen trug. Ob die Menschen damals dem Paar Unterschlupf gewährt hätten, wenn sie gewusst hätten, dass dieses Kind kommen würde, um Gottes Wort zu verkünden? Sie kam zu dem Schluss, dass auch das nichts geholfen hätte, denn die meisten Menschen glaubten nur das, was sie sahen oder was sich beweisen ließ. Jana seufzte. Sie war ja auch nicht besser. Immer hinterfragte sie alles und in die Kirche ging sie auch nur, weil die Eltern es wollten.
Nachdenklich klappte Jana das Buch zu und zog den Stecker der Lichterkette aus der Dose. Sie schaute in den Himmel, an dem heute kein einziger Stern zu sehen war. Dann wanderte der Blick ins Tal. Jana erschrak. War da nicht ein Licht in der Hütte des alten Hinnerk? Wie konnte das sein? Der Hinnerk war doch im letzten Jahr gestorben und seitdem stand die Hütte leer. Aufgeregt lief Jana die Treppe hinunter und stürmte ins Wohnzimmer.
„Mama, Papa, bei Hinnerk brennt Licht, kommt schnell. Das müsst ihr sehen, sonst glaubt ihr mir nicht!“
„Langsam, junge Dame, sicher hast du dich getäuscht. Hast wohl wieder zu lange gelesen und siehst Dinge, die nicht sein können!“
Papa legte aber trotzdem sein Buch zur Seite und erhob sich.
„Dann lass uns mal gucken!“
Zu dritt gingen sie nach oben und schauten aus dem Fenster.
„Tatsächlich, ich sehe es auch. Das ist ja seltsam!“, rief Mama und auch Papa bestätigte die Entdeckung.
„Ich werde morgen mal runtergehen und schauen, was da los ist. Jetzt ist es zu spät und was soll schon passieren. Vielleicht hat sich dort nur jemand einquartiert, der in den Bergen unterwegs war und nicht mehr rechtzeitig nach Hause gekommen ist, bevor es dunkel wurde. Jetzt geh schlafen, Jana. Ich kümmere mich morgen drum!“, versprach er.
Jana konnte lange nicht einschlafen, immer wieder schlüpfte sie aus dem Bett und schaute nach dem Licht. Es war weit nach Mitternacht, als es erlosch.
Am nächsten Morgen, gleich nach dem Frühstück, machte sich Janas Vater auf den Weg zur Hütte. Trotz Betteln und Drängen durfte Jana nicht mitgehen, wo doch Sonntag war und sie nicht zur Schule musste. Es blieb ihr also nichts anderes übrig, als oben am Fenster zu sitzen und zu schauen, wie der Vater ins Tal wanderte und bald darauf schon wieder zurückkam.
Schnell zog Jana die dicken Stiefel an und ihre Jacke und dann lief sie ihm entgegen.
„Und?“, rief sie schon von Weitem.
Doch Papa wehrte ab. „Gleich!“, rief er. Jana konnte es kaum erwarten. Völlig außer Atem kam sie bei ihm an und sah ihn fragend an.
„Die Hütte war verschlossen. Ich habe geklopft und an der Tür gerüttelt, es tat sich nichts. Dann habe ich durch jedes Fenster geschaut und ich glaube, dass drinnen alles unverändert ist. Wenn ich nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, dass da Licht war, dann wäre alles in Ordnung, aber so weiß ich nicht, was wir unternehmen sollten!“
Jana zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es auch nicht, vielleicht sollten wir einfach abwarten, ob heute Abend wieder Licht dort ist und dann können wir ja überlegen, was zu tun ist.“
Mama erwartete die beiden gespannt und ließ sich auch erzählen, was der Vater festgestellt hatte. Gemeinsam beschlossen sie, den Abend in Janas Zimmer zu verbringen, damit sie die Hütte im Auge behalten konnten.
Am Abend versammelten sie sich dann im Dachzimmer. Es gab Kakao und Kekse. Papa las eine Weihnachtsgeschichte vor. Sie handelte vom kleinen Schneemann, der sich so allein fühlte. Jana kamen die Tränen, so leid tat er ihr.
„Es ist ja auch ganz schrecklich, wenn man niemanden hat“, schluchzte sie und umarmte ihre Eltern. „Wie froh bin ich, dass ich euch habe und Oma und Opa und die Freunde und alle eben …“
„Da!“, rief Papa plötzlich. „Da ist es wieder, das Licht!“
Gebannt starrten die Drei in die Dunkelheit und sahen ein schwaches Licht an der Stelle, wo Hinnerks Hütte lag.
„Ob Hinnerks Geist zurückgekommen ist?“, flüsterte Jana.
„Na, das glaube ich weniger. Vielleicht ist es ein Obdachloser, der sich nachts dort versteckt. Wir sollten die Polizei rufen!“, meinte Papa, erntete aber gleich Protest von seinen beiden Frauen.
„Und wenn schon, dann ist es eben so!“, sagte Mama besänftigend. „Er tut uns doch nichts!“
Das fand Jana auch, trotzdem war sie noch immer beunruhigt.
„Aber er hat doch gar nichts zu essen dort und kalt ist es auch.“
„Ihr meint doch nicht etwa, dass wir ihn noch füttern sollten und ihm Feuerholz bringen?“, fragte Papa ärgerlich.
„Warum denn nicht? Es ist bald Weihnachten!“ Mama hatte ein großes Herz und war in Gedanken schon dabei, einen Korb mit Leckereien zu packen. „Aber zuerst mal müssen wir wissen, ob sich dort wirklich jemand versteckt. Ich denke, dass wir morgen noch einmal nachschauen sollten und vielleicht kann ich einfach mal ein paar Kekse hinstellen und dann sehen wir ja, ob jemand da war, der Hunger hatte.“
Am nächsten Tag gingen die Eltern gemeinsam zur Hütte. Jana musste ja in die Schule, was sie sehr ärgerte. Zu gern hätte sie ihre Eltern begleitet. Ein Korb mit Keksen und einer Thermoskanne Kaffee wurde mitgenommen. Eine Kerze und ein Päckchen Streichhölzer legte Papa noch dazu. Für den Abend verabredeten sich alle wieder in Janas Zimmer, um die Sache aus der Ferne zu beobachten.
Und siehe da, wieder erschien das Licht, diesmal sogar etwas heller als an den beiden vergangenen Tagen.
„Er hat die Kerze gefunden!“, sagte Papa.
„Dann wird er auch die Plätzchen essen“, meinte Mama und ärgerte sich insgeheim, dass sie nicht den Rest des Sonntagsbratens dazu gepackt hatte.
Am nächsten Morgen, die Familie saß beim Frühstück, klopfte jemand am Küchenfenster. Mama erschrak so heftig, dass sie sich am Kaffee verschluckte. Ein Mann schaute durch die Scheibe, einer mit weißem Bart und langen Haaren. Er lächelte freundlich und hob den Picknickkorb hoch, den die Eltern am Vortag in der Hütte hatten stehen lassen.
„Der Nikolaus!“, stammelte Jana und wurde ganz blass.
Papa deutete dem Mann, ums Haus herum zu kommen, er wollte ihm die Tür öffnen. Das tat er dann auch. Eine tiefe Stimme erklang und bald darauf lachten die beiden Männer herzlich.
„Das gibt es doch nicht!“, rief Papa immer wieder. „Dass ich das noch erleben darf!“
„Er ist’s wirklich“, flüsterte Jana und Mama, die sich ein wenig erholt hatte von dem Schrecken nickte. „Ja, er ist’s!“
In diesem Moment betrat Papa die Küche und ihm folgte der Mann. Jana wäre am liebsten unter die Eckbank gekrochen, aber sie traute sich nicht von der Stelle.
„Darf ich vorstellen?“, sagte Papa. „Das ist Johann, der Sohn vom alten Hinnerk. Wir haben früher oft zusammengespielt. Als wir älter waren, haben wir uns aus den Augen verloren, denn Johann ist nach Amerika ausgewandert. Nun ist er zurückgekommen und hat die letzten Nächte in der Hütte seines Vaters verbracht.“
„Ich habe den lieben Gruß von Ihnen gestern Abend vorgefunden, dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken!“ Johann reichte Mama die Hand und dann Jana, die mittlerweile wieder etwas Farbe im Gesicht bekommen hatte.
„Das ich das noch erleben durfte!“, sagte Papa zum wiederholten Male. Alle lachten und am lautesten lachte Papa selbst.

© Regina Meier zu Verl

Die Bilder hat mir meine Freundin Marion zur Verfügung gestellt.

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