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Archive for Februar 2019

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Weiberfastnacht

 

„Ich lach mich kaputt!“ Oma Betty wedelt sich mit den Händen Luft ins Gesicht, damit die Lachtränen keine Chance haben. Doch es ist bereits zu spät. Dicke Krokodilstränen kullern aus ihren Augen und zerstören eine halbe Stunde sorgfältiges Arbeiten vor dem Spiegel.
„Ausgerechnet heute …“, kräht Oma Betty. „Wo doch der Bürgermeister …“ Sie bricht ab und rennt ins Badezimmer, kommt aber gleich darauf mit dem Zehnfach-Vergrößerungsspiegel zurück. Fassungslos betrachtet sie ihr Spiegelbild und dann geht es wieder los, zuerst ein Glucksen nur, das aber schwallartig zu einem Lachanfall besonderer Güte wird.
„Was ist mit dem Bürgermeister?“, will ich nun wissen. Ich kann mir nicht vorstellen, was der damit zu tun haben könnte, dass Oma so aus der Fassung gerät.
„Er hat mich eingeladen!“, seufzt Oma und schlagartig verändert sich das Lachen und weicht einem Schluchzen.
„Was ist daran so lustig?“, frage ich vorsichtig und tätschele ihren Oberarm, um sie zu beruhigen.
„Nichts!“, stottert Oma. Sie nimmt ein Tempotuch und versucht die schwarzen Streifen, die ihr gepudertes Gesicht zieren wegzuputzen. Wenn ich das richtig beurteilen kann, macht sie es dadurch noch schlimmer. Mittlerweile ist ihr Gesicht gerötet. Wieder und wieder spuckt sie auf das Tuch und putzt und reibt verzweifelt.
„So soll der mich nicht sehen!“, jammert sie und wirft das Tempotuch in die Ecke. „So nicht!“
Das verstehe ich. So würde ich mich auch nicht gern sehen lassen. Ich frage mich nur, warum sie diesen Aufwand betreibt. Also frage ich mal nach:
„Oma, warum bleibst du nicht einfach so wie du bist. Ich finde dich voll okay!“, sage ich und warte ab.
„Meinst du?“, sagt sie zögernd und versucht, ihrem Spiegelbild zuzulächeln. In zehnfacher Vergrößerung sieht das wohl besonders lustig aus, denn prompt lacht sie wieder los.
Ich kann mich nun auch nicht mehr zusammenreißen und dann lachen wir beide Tränen.
Als wir uns beide wieder beruhigt haben holt Oma einen Waschlappen und wischt die Reste ihrer Malaktion ab. Der Lappen ist braun-schwarz-blau, igitt.
„Ich geh einfach nicht hin!“, sagt Oma. „Da kommen genügend andere, außerdem kennt er mich gar nicht!“
„Wer?“
„Der Bürgermeister!“
„Dann iss ja gut!“, meine ich und insgeheim bin ich froh, dass sie zu Hause bleibt. Ich habe nämlich heute frei. Ist ja Weiberfastnacht und zum Bürgermeister muss ich auch nicht, der hat nämlich die Frauen eingeladen – alle. Und ich bin nun mal ein Mann, ein kleiner, aber immerhin!

Worüber Oma anfangs so gelacht hat, das habe ich noch nicht rausbekommen. Ich bleibe aber am Ball, versprochen.

 

© Regina Meier zu Verl

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Die „tollen“ Tage stehen vor der Tür. Morgen ist schon Weiberfastnacht. Bei dieser Gelegenheit erinnere ich mich gern an die Zeit mit meinen Freundinnen Inge und Maria zurück. Mit den beiden habe ich diesen Tag in meiner Sturm und Drangzeit gefeiert und es war immer lustig. Aber spätestens seit meine Kinder auf der Welt waren, wurde dieser Tag nicht mehr als Feiertag betrachtet. Es fehlt mir nicht, ganz ehrlich. So ein richtiger Karnevalsjeck war ich nie und verkleidet habe ich mich noch nie so richtig gerne (außer zum Theaterspiel in meiner Zeit an der Waldorfschule).

Da ich nicht feiern „muss/möchte“, bereite ich meine nächste Lesung vor – mit einem vorfreudigen Gefühl, denn zur letzten Lesung habe ich nette Rückmeldungen und einen tollen Pressebericht bekommen. Zeigen kann ich den hier leider nicht, aber inhaltlich konnte man feststellen, dass sich der Schreibende mit meinen Geschichten auseinandergesetzt hatte. Was will man mehr? Ach ja, ein Lob – und das habe ich bekommen!

Also: ran an die Texte, Übung macht den Meister!

 

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Nach der Lesung

Ungefähr 30 Personen waren der Einladung „Geschichten zum Tee“ am 22.2.2019 gefolgt. In dem kleinen Geschäftsraum des grünen Hauses war es recht gemütlich, überall brannten Teelichter in Glasgefäßen und der angenehme Geruch von verschiedenen Teesorten machte Lust auf eine Tasse Tee.

Zweimal eine halbe Stunde habe ich Geschichten erzählt, im ersten Teil märchenhafte, im zweiten Teil eher Alltagsgeschichten, sehr realitätsnah und überwiegend lustig. So konnten die Zuhörer (überwiegend Frauen) beschwingt ins Wochenende starten. Ich habe nette Rückmeldungen bekommen und bin gespannt auf den Presseartikel, der wohl am Montag erscheinen wird.

Alles in allem war ich sehr zufrieden, mit den Gästen sowieso, aber auch mit der Veranstalterin und sogar mit mir selbst. Ich denke, dass ich das gut gemeistert habe. Meine Stimme hat gut mitgemacht, es gab lediglich eine kleine „Panne“, nämlich als mein Kindle abgestürzt ist mitten in einem Text. wie gut, dass ich alle Texte auch in gedruckter Form bei mir hatte, so entstand keine peinliche Technikversagenspause. Gut so!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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„Oma, warum machst du das?“, fragt mich mein Enkel, als er in mein Zimmer kommt und mich dabei erwischt, wie ich mir selbst eine Geschichte vorlese.
„Was meinst du?“
„Na, du kennst doch deine Geschichten schon alle. Warum liest du sie dir dann vor?“, will er wissen.
„Ich übe!“, erkläre ich.
„Aber warum? Du bist doch längst aus der Schule, musst du immer noch üben?“
Er staunt, für ihn sind Hausaufgaben ein Gräuel.
„Es macht mir Spaß und außerdem macht es mich sicherer, wenn ich anderen vorlese!“, mache ich noch einmal einen Erklärungsversuch.
„Ach so!“ Er überlegt. „Für mich liest du perfekt, ich finde nicht, dass du noch üben musst!“, behauptet er und das tut meiner Seele richtig gut. Trotzdem erwidere ich: „Perfekt bin ich ganz sicher nicht!“
„Do-hoch!“, sagt er ernst. „Du bist die perfekteste Regina, die ich kenne.“

Er kennt nur eine, aber das spielt keine Rolle. Ich lege mein Manuskript zur Seite und knuddel ihn, das kann ich ohne zu üben!

 

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Als wir Kinder waren, kam bei uns an den Wochentagen der „Milchwagen“, außer Milch konnte man bei ihm auch Brot und Kuchen und allerlei Dinge für den täglichen Bedarf kaufen. Wir Kinder liebten das und manchmal bekamen wir auch das, was in der folgenden Geschichte eine Rolle spielt. Da es gerade einen Hagelschauer hier gab, habe ich diese Erinnerung direkt in eine Geschichte verpackt.

(Die Namen wurden „deutlich“ verändert, um die Protagonisten zu schützen. 🙂

Leckeres Wetter

Es war ein Montag im Februar. Gerade noch war der Himmel strahlend blau gewesen und erste Sonnenstrahlen hatten sich hervorgewagt.
Das niedliche Rotkehlchen, das täglich seinen Futterplatz auf der Terrasse aufsuchte, stritt mit einer Blaumeise um den besten Platz leckeren Knödel, als es mit einem Mal dunkel wurde. Eine dicke Wolke schob sich vor die Sonne und im nächsten Moment hagelte es.
Unmengen von winzigen weißen Hagelkörnern fielen vom Himmel und bedeckten die Erde mit einem weißen Tuch.
Die Vögelchen vergaßen ihren Streit und nahmen Reißaus.
Gina stand am Fenster und beobachtete das Naturschauspiel. Ihre Schwester saß am Tisch und vernähte die Fäden ihres soeben fertiggestellten Jäckchens fürs Enkelkind.
„Guck mal schnell!“, rief Gina und deutete aus dem Fenster. Elke legte die Handarbeit zur Seite und trat neben die Schwester.
„Aprilwetter!“, sagte sie
„Weißt du noch?“, kicherte Gina. „Die Hagelzuckerplätzchen vom Milchwagen?“
Elke grinste. „Ja, mit einem großen Glas Milch dazu!“ Sie legte der Schwester einen Arm um die Taille.
„Ist lange her!“, sagte sie.
„Stimmt, war aber schön!“, meinte Gina.
„Und lecker!“
Es hatte schon aufgehört zu hageln. Das Rotkehlchen nahm wieder seinen Platz an der Futterstation ein. Die Meise traute sich wohl noch nicht wieder aus ihrem Versteck.
Und die beiden Schwestern?
Träumten von Hagelzuckerplätzchen und einem großen Glas Milch.

© Regina Meier zu Verl

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Aufregung im Hühnerhof

„Ihr könnt mir glauben, ich habe es genau gesehen!“, behauptete Ida, eine der ältesten Hennen auf dem Hof des Bauern Josef. „Mitten in der Nacht, noch bevor er einen Schrei loslassen konnte, haben sie ihn geholt und in eine dunkle Kiste gesteckt. Und nun ist er weg, einfach weg!“
„Reg dich nicht auf, Ida, das ist nicht gut für dein Hühnerherz!“, meinte Frieda, ihre Freundin, gelassen. „Es ist ja nicht der erste Kerl, der bei Nacht und Nebel verschwunden ist!“ Sie pickte weiter auf dem Boden herum, stets auf der Suche nach dem dicksten Korn.
Ida hatte keinen Appetit. Der Hahn Hermann war ihr ans Herz gewachsen, auch wenn er ein rechter Krachmacher war. Das war wohl auch der Grund dafür, dass sie ihn eingefangen und weggebracht hatten. Unglaublich! Menschen machten doch auch Lärm. Wenn Ida nur an die dicken Trecker dachte, oder an den Balkenmäher, mit dem der Sohn des Bauern häufig wie ein wildgewordener Handfeger durchs Gehege jagte.
„Vielleicht kommt er ja wieder zurück!“, piepste Kicki, das Junghuhn. „Kann ja sein!“
Frieda lachte laut auf. „Du Jungspund! Hast du jemals erlebt, dass einer von uns zurückgekommen ist?“
„Nee, aber ich bin ja auch noch jung, wie du richtig gesagt hast. Was sagt ihr Alten denn dazu? Ist mal einer zurückgekommen?“, wollte Kicki wissen.
Für einen Moment kehrte Ruhe ein.
„Ich!“, rief Agnes aufgeregt, „Ich habe das mal erlebt, am eigenen Leibe sogar!“
„Erzähl!“, riefen die Hennen neugierig.
„Es war kurz vor Ostern. Die Bäuerin hatte mich gepackt und in den Stall getragen. Ich wusste ja nicht, was sie vorhatte und deshalb habe ich mich auch gar nicht gewehrt.“
„Und dann?“ Kicki fand das sehr spannend und sie wünschte, sie wäre an Agnes‘ Stelle gewesen.
„Dann hat sie gesagt, dass ich eine schöne Suppe ergeben würde. Stellt euch das vor, sie wollte mich kochen, Hühnersuppe sollte ich werden!“, Agnes versagte es beinahe die Stimme, als sie daran dachte, welche Angst sie damals gehabt hatte.
„Ich war so in Panik, dass ich vor lauter Schreck ein Ei gelegt habe, mitten in die Hand der Bäuerin!“
Die Hühner gackerten los, einerseits vor Lachen, aber auch vor Schreck, denn noch kannten sie ja den Ausgang der Geschichte nicht.
„Und dann?“, kreischte Kicki.
„Dann hat sie mich losgelassen, sie wollte wohl das Ei nicht fallenlassen! Ihr könnt euch vorstellen, wie schnell ich gerannt bin, um ihr zu entkommen. Sollte sie doch mein Ei behalten, das hätte sie mir ja sowieso weggenommen. Aber …“ Agnes grinste.
„Aber?“ Kicki konnte es vor Aufregung kaum noch aushalten.
„Sie brachte es mir in den Hühnerstall und ließ es mich ausbrüten. Es war eben ein besonderes Ei!“, behauptete Agnes.
„Und? Was war es, ein Hähnchen, oder ein Hühnchen?“, wollte nun Ida wissen, die sich gar nicht erinnern konnte an dieses Geschehnis.
„Weder noch!“ Agnes grinst immer breiter.
„Häh? Sag schon, verflixt!“, riefen die Hennen.
„Da war der Bär drin, den ich euch gerade aufgebunden habe“, rief Agnes und machte, dass sie davonkam. Hühner haben nämlich spitze Schnäbel und die hätte sie sicher zu spüren bekommen.
Wo Hermann abgeblieben ist, das weiß ich leider auch nicht. Möglicherweise ist er einfach nur umgezogen.

© Regina Meier zu Verl

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