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Posts Tagged ‘Vergesslichkeit’

eselteffen 016

Die Eselsbrücke              

 

„Was ist denn das? Das ist doch kein Winter!“, sagt Frau Müller kopfschüttelnd. „Wenn ich da so an meine Kindheit zurückdenke … da gab es Schnee, massenhaft. Man konnte noch Schneemänner bauen und Rodelbahnen. Ach, was hatten wir für einen Spaß!“

Die junge Kassiererin lächelt freundlich und nimmt Frau Müllers EC-Karte, steckt sie in das Gerät und dreht eben dieses der Kundin zu. „Bitte geben Sie die Geheimzahl ein!“. fordert sie die Kundin auf.

Diese überlegt, tippt dann schnell vier Zahlen ein und sieht unmittelbar die Nachricht: Falscher Pin Code. Frau Müller versucht es noch einmal, fest davon überzeugt, dass sie sich einfach nur vertippt hat. Es klappt wieder nicht. Da Frau Müller mal gehört hat, dass nach dreimaliger falscher Eingabe die Karte gesperrt wird, traut sie sich nun nicht mehr. An der Kasse hat sich mittlerweile eine Schlange gebildet.

Die Kassiererin ruft durch ihr Mikrophon: „Frau Sauerland, bitte an Kasse 2!“ Frau Müller ist blass geworden, sie überlegt fieberhaft und ihr will die Geheimzahl nun einfach nicht mehr einfallen.

Die Warteschlange wandert geschlossen zu Kasse 2, so dass die freundliche Kassiererin sich ganz auf Frau Müller konzentrieren kann. Sie kennt das, die Kundin ist nicht die Erste, der das passiert.

„Immer mit der Ruhe“, sagt sie deshalb. „Denken Sie einen Moment an etwas anderes, dann fällt Ihnen die Nummer sicher wieder ein!“

Frau Müller hört nicht zu. Sie ist zu sehr mit sich selbst beschäftigt.  Trotzdem fällt ihr dieser verflixte Pin-Code nicht ein. Nervös blättert sie in ihrem Portemonnaie und zählt den Inhalt. Es reicht nicht, um den Einkauf bar zu bezahlen.

„Was mache ich denn jetzt?“ Frau Müller ist dem Weinen nahe.

„Wir packen Ihre Einkäufe einfach in den Wagen, legen den Kassenzettel dazu und ich bringe den Wagen in unser Lager. Sie gehen eine Tasse Kaffee trinken und versuchen an etwas anderes zu denken, dann wird sicher die Geheimzahl wieder da sein. Ich habe das schon öfter erlebt. Später holen wir dann ihre Einkäufe wieder zurück und sie zahlen. Machen Sie sich keine Sorgen!“

Frau Müller ist dankbar. Das klingt unkompliziert und notfalls muss sie einfach schnell nach Hause fahren, denn sie hat die Zahlen dort notiert – für alle Fälle. Zuerst aber folgt sie dem Rat der netten Angestellten und setzt sich in das kleine Café direkt im Supermarkt. Sie bestellt einen Kaffee und ein dickes Stück Schwarzwälder Kirschtorte. Den Gedanken an die Geheimzahl kann sie aber noch nicht loslassen. Erst als die sahnige Köstlichkeit auf ihrer Zunge zergeht, wandern die Gedanken zurück in die Kindheit. Sie denkt an ihre Mutter, die immer die herrlichsten Torten gebacken hat. Jedes Rezept hatte sie im Kopf gehabt. Sie war eine Meisterin im Backen gewesen. Ach ja, das war eine schöne Zeit, die Kindheit. Damals hatte es ja auch noch jede Menge Schnee gegeben.

Frau Müller lächelt und genießt. In Gedanken sieht sie die Mutter und baut mit ihr zusammen einen großen Schneemann. Auch der Vater ist da, er rollt die größte Kugel für den Unterbau, die Frauen kümmern sich um den Oberkörper und den Kopf. Als der Schneemann steht, nimmt die kleine Elisabeth ihren Schal und bindet ihn dem Schneemann um. Die Mutter holt eine Möhre aus der Küche und zwei Kohlen für die Augen. Mit Mamas rotem Lippenstift malen sie ihm einen Lachmund. Elisabeth ist so stolz. Dann beginnt der Schneemann zu sprechen: „Juli, August, Januar, Februar!“, sagt er.

Frau Müller lacht begeistert auf. Das ist es. So hat sie sich die Geheimzahl eingeprägt. Dass sie das vergessen konnte! Juli, August, Januar und Februar stehen für die Zahlen. Es ist doch ganz einfach. Schnell isst sie das letzte Stückchen Torte, trinkt noch einen kräftigen Schluck Kaffee und bezahlt. Ein großzügiges Trinkgeld gibt sie, dann eilt sie zur Kasse zurück. Strahlend!

„Sehen Sie, ich wusste es doch!“, empfängt sie die freundliche junge Dame. Sie rechnet noch schnell ab und schließt dann die Kasse. Dann holt sie Frau Müllers Einkaufswagen aus dem Supermarktlager. Mit dem Bezahlen gibt es nun auch keine Schwierigkeiten mehr. Wie gut, dass es diese Eselbrücke gab und dass sie Frau Müller rechtzeitig genug wieder eingefallen ist. Oder hat etwa der Schneemann tatsächlich gesprochen?

 

© Regina Meier zu Verl 2016

 

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gerade kam mir ein Traum der letzten Woche wieder in den Sinn, den ich hier mal schnell aufschreiben möchte, bevor ich ihn vergesse.
Genau darum ging es auch in dem Traum, ums Vergessen. Ich stelle fest, dass ich seit einiger Zeit häufig Namen vergesse. Das kenne ich von mir gar nicht und es beschäftigt mich sehr. Manchmal denke ich so lange nach, bis es mir endlich eingefallen ist, wie die Person heißt, an die ich gerade dachte. Ein anderes Mal geht es soweit, dass ich irgend jemanden anrufen muss, weil es mir keine Ruhe lässt. Es gibt ja meist einen, der einen kennt, der das Gewünschte dann weiß. 🙂
Diese Begebenheiten haben dann wohl folgenden Traum ausgelöst, über den ich wirklich herzlich lachen konnte, denn da hat im Traum mal einmal etwas funktioniert, was ich für unmöglich gehalten hatte.

Also: Ich war in meinem Wohnzimmer und las. Plötzlich kam mir der Altbundeskanzler Schröder in den Sinn. Ich habe ihn mal getroffen auf einer Veranstaltung, bei der ich musiziert habe. Ich dachte über die Veranstaltung nach und erinnerte mich, dass er mir die Hand geschüttelt hat. Ich war sehr stolz und noch stolzer, dass er meine Bandkollegen und mich beim Vornamen nannte und DU sagte. (Das war wirlich so).
So, jetzt kommt’s – ich wollte ihn ebenfalls ansprechen und sein Vorname fiel mir nicht ein. Ich schwitzte Blut und Wasser und ratterte innerlich die ganze Palette männlicher Vornamen durch, die ich so kenne. Der richtige Name war nicht dabei. Peinlich, Regina, sehr peinlich, dachte ich.
Dann kam die rettende Idee. Googlen – das hätte mir früher einfallen können. Ich googlete also (im Traum alles) und gab ein Altbundeskanzler Schröder, gleich der erste Eintrag brachte den gewünschten Erfolg. Er heißt Gerhard.

Dann wurde ich wach! Ist das nicht prima? Wenn ich mal was vergesse, dann schlafe ich einfach und google im Schlaf. Das Problem ist nur: Wie stelle ich es an, wenn ich den Namen der Tochter eines meiner Schützlinge vergessen habe, die auch keine weiteren Bekannten hat, die ich fragen könnte. Ich möchte sie nämlich anrufen und kann mich einfach nicht an den Nachnamen erinnern. Es wird mir nichts anderes übrig bleiben, als da mal hinzufahren und auf die Türklingel zu schauen … aber das ist auch peinlich.
Ich geh dann mal ins Bett und google: Name von Tochter, die ungefähr Richtung G. linke Straße nach Stadtring wohnt, dunkelblond und sehr sympatisch – mal sehen, was die Suchmaschine mir in den Traum blubbert.

Ich werde berichten, wenn das Problem gelöst ist.

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