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Posts Tagged ‘Seniorengeschichte’

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Gib eine Das Bild hat mir meine Freundin Marion zur Verfügung gestellt

Schneemannliebe

Vor nicht allzu langer Zeit hatte Friedrich Gärtner sein Frühstück stets allein eingenommen. Er lebte in einer Seniorenwohngruppe, konnte sich aber so recht nicht anfreunden mit dem Geplapper am Morgen, das ihm zuweilen tüchtig auf die Nerven ging.

Dann war Henriette Müller eingezogen und alles hatte sich seitdem verändert. Friedrich hatte plötzlich wieder Freude daran, sich am Morgen zu rasieren und ein frisches Hemd anzuziehen. Das war ihm lange nicht gelungen und seine Tochter hatte immer wieder mit ihm geschimpft. Sorgfältig frisierte er jetzt sein noch volles, weißes Haar und manchmal summte er sogar ein Liedchen.
Er grämte sich nicht mehr, wenn er ein paar Tage keinen Besuch von seinen Kindern erhielt und sogar seine Gitarre hatte er aus ihrem Koffer befreit, in dem sie monatelang untätig auf ihren Einsatz wartete.
„Guten Morgen, meine Liebe!“ Friedrich deutete einen Diener an. „Ist es gestattet?“, fragte er und deutete auf den freien Platz an ihrem Tisch.
„Ach Friedrich, du musst nicht jeden Morgen fragen, setz dich. Das ist dein Platz!“, antwortete Henriette. Sie lachte und schob sich dann eine Weintraube in den Mund. „Köstlich!“, schwärmte sie.
Friedrich schenkte sich Kaffee ein, nahm einen Schluck und seufzte.
„Hach, das tut gut!“
„Hast du schon aus dem Fenster geschaut heute?“, fragte Henriette und griff nach einem Körnerbrötchen.
„Ja, es hat heftig geschneit, so langsam reicht es mit dem Schnee, finde ich!“ Friedrich mochte den Winter nicht so gern. Früher schon hatte er das Frühjahr herbeigesehnt, damit er endlich wieder in seinem Garten werkeln konnte.
„Ich meinte, ob du HIER schon aus dem Fenster geschaut hast!“, sagte Henriette und deutete auf die große Terassentür.
„Sollte ich?“, fragte Friedrich mit einem Augenzwinkern.
„Solltest du! Unbedingt, am besten sofort!“ Henriette lachte wieder, in Friedrichs Ohren klang das wie Musik.
Friedrich legte die Serviette neben seinen Teller, erhob sich und machte sich auf den Weg zum Fenster. Im Garten, mitten auf der großen Rasenfläche, stand ein riesiger Schneemann. Henriette war ihm gefolgt. Sie hakte sich bei Friedrich ein.
„Ist er nicht wunderbar? Ich liebe Schneemänner, so lange habe ich keinen mehr gesehen!“
‚Der kann nicht echt sein!‘, schoss es Friedrich durch den Kopf, denn er entdeckte keine Rollspuren im Schnee.
„Wie ist er dahingekommen?“, sagte er leise, erwartete aber keine Antwort.
„Er will uns besuchen und kam in der Nacht, gestern war er ja noch nicht da, oder?“ Henriette drückte die Nase an die Scheibe wie ein junges Mädchen. „Er erinnert mich ein bisschen an dich!“
Friedrich stutzte. Er betrachtete den dicken Bauch und die überlange Karottennase des Schneemannes. Es war nicht gerade schmeichelhaft, mit ihm verglichen zu werden.
„Schau, sein Gesichtsausdruck!“, versuchte Henriette zu erklären. „Er guckt wie du, wenn ihm etwas nicht gefällt, er sollte lächeln, das stände ihm viel besser!“
Friedrich lacht laut auf. „Du kennst mich schon ganz gut, meine Liebe!“
„Sollen wir nach dem Frühstück mal zu ihm hinausgehen?“ Henriette zwinkerte Friedrich zu und der war sofort einverstanden.
„Das machen wir!“
Simon, der Praktikant, der in der Teeküche die Kaffeemaschine versorgte, hatte das Gespräch der beiden Senioren grinsend mit angehört. Es war also eine gute Idee gewesen, am Abend mit seinen Jungs den dicken Schneemann zu bauen. Sie hatten viel Freude daran gehabt und als dann später dicke Schneeflocken vom Himmel gefallen waren, die alle Spuren des Bauens zugedeckt hatten, schien ihm die Überraschung perfekt. Und das war sie ja auch!
Als er später Henriette und Friedrich sah, die Arm in Arm vor dem dicken Schneemann standen, fasste er den Entschluss, am Abend eine weitere Aktion zu starten.
„Liebe Frau Holle, lass es noch ein bisschen schneien!“, murmelte er und wenn ich euch jetzt erzähle, dass am Morgen des nächsten Tages neben dem Schneemann eine Schneefrau stand, die fröhlich lächelte, dann wisst ihr ja, wie sie dort hingekommen ist, oder?

© Regina Meier zu Verl

Eine weitere Schreibkick Geschichte zum Thema „Freundschaft“ findet ihr bei

NICOLE

Veronika

RINA

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Früher oder ganz früher? (Oma Betty)

Oma Betty hat selten schlechte Laune und wenn, dann nur ganz kurz, fünf Minuten oder so. Bei Mama ist das anders. Sie kann auch mal eine Stunde, oder noch viel länger übellaunig durch die Gegend laufen. Ist ja klar, verstehe ich auch. Mama ist für alles zuständig, das kann einem schonmal die Laune verhageln. Sie muss sich um uns kümmern, um Papa auch; sie muss die Wäsche waschen und kochen und immer ist einer dabei, dem es nicht schmeckt. Papa kocht aus diesem Grund eher selten und Wäsche macht er auch nicht gern, weil er mal eine Maschine Wäsche verfärbt hat und das hat Mama ihm lange aufs Butterbrot geschmiert.
Wenn wir morgens alle aus dem Haus gehen, dann geht Mama auch zur Arbeit und sie kommt zurück, bevor wir alle wieder da sind. Das fällt praktisch gar nicht auf, dass sie weg war und deshalb merkt eigentlich auch keiner, dass Mama ja auch noch außer Haus arbeitet.
„Das gab es früher nicht!“, sagt Oma Betty. „Da waren die Mütter zu Hause!“
„Aber Oma, du hast doch auch immer gearbeitet!“, erinnere ich sie. Oma überlegt einen Moment, dann nickt sie. „Ich meine auch ganz früher!“
„Ganz früher?“
„Ja, als ich Kind war!“, erklärt Oma und ich glaube, dass sie nun selbst blöd findet, dass sie diesen Spruch – Das gab es früher ja nicht – verwendet hat.
Es gibt noch einen Satz, den Oma so richtig doof findet: Wir hatten ja damals gar nichts! Wenn Oma das hört, dann wird sie fuchsteufelswild.
„So ein Blödsinn!“, schimpft sie dann und das ist dann so ein Moment, der ihre Laune in den Keller sacken lässt. Ich lasse sie in Ruhe, das ist das Beste. Ich weiß auch genau, was sie sagen wird, wenn die Laune wieder die Treppe hochkrabbelt.
„Wir hatten es so gut damals. Es gab zwar nicht so viel Spielzeug, aber wir haben uns tolle Spiele ausgedacht und stundenlang haben wir Buden im Wald gebaut. Wir waren bei jedem Wetter draußen und deshalb waren wir auch selten krank!“
„War das früher, oder ganz früher, Oma?“, will ich dann wissen und dann kommt sie ins Schleudern.
„Ganz früher, als ich Kind war!“, sagt sie und grinst. „Du willst es auch immer ganz genau wissen!“
„Wer nicht fragt, bleibt dumm! Das hast du mir selbst beigebracht, Oma und nun sollten wir einen Spaziergang machen!“
„Aber es regnet doch!“ Oma schaut zweifelnd aus dem Fenster.
„Hast du nicht gerade gesagt, dass ihr bei jedem Wetter draußen wart?“
Eins zu Null für mich. Oma versucht gar nicht mehr, sich mit dem Wetter herauszureden. Emmy holt ihre Leine und ich mein Skateboard und Oma fügt sich. Geht doch!

© Regina Meier zu Verl

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Oma Betty in der Schule

Ich bin etwas aufgeregt heute. Oma Betty wird mich gleich abholen und dann gehen wir gemeinsam in die Schule.
Meine Lehrerin hat gesagt, dass ich Oma doch mal einladen soll. Ich habe ihr nämlich von dem Buch mit den gesammelten Wörtern erzählt, ihr wisst schon. Diese Idee fand Frau Sommer ganz toll und nun möchte sie, dass Oma uns ihr Buch einmal zeigt.
Es haben auch andere Kinder schonmal was mitgebracht. Neulich zum Beispiel hatte der Florian seinen Goldhamster dabei und Mareike durfte uns ihre Geige vorstellen. Aber eine Oma, die hatte noch nie einer mitgebracht. Hach, ich bin so aufgeregt.
Da klingelt es auch schon.
„Moin, mein Junge!“, ruft Oma schon im Flur. Sie hat sich schick gemacht heute, extra für mich. Das gefällt mir. Blitzschnell springe ich die Treppe runter.
„Toll siehste aus, Oma!“ Es ist nie falsch, einer Dame ein Kompliment zu machen, sagt Opa immer und das habe ich mir gemerkt. Oma scheint das auch zu gefallen, sie bekommt nämlich ganz rote Wangen. Vielleicht ist es aber auch die Aufregung.
„Können wir los?“, fragte sie und schaut noch schnell in die Küche, wo Mama und meine Schwester noch beim Frühstück sitzen. „Ich bringe ihn dir heute Mittag zurück!“, sagt sie zu Mama.
Ich sitze hinten in meinem Kindersitz. Nach vorn darf ich noch nicht, weil ich noch keinen Meterfuffzig groß bin. Aber das wird nicht mehr lange dauern, ich esse nämlich sehr oft Spinat. Davon wächst man – glaube ich.
Nach ein paar Minuten sind wir an der Schule angekommen und dann ist es endlich soweit: Ich kann meine Oma zeigen. Mann, bin ich aufgeregt.
„Ich habe noch eine Bitte, Oma!“, sage ich ihr leise ins Ohr.
„Was denn?“, will Oma wissen.
„Bitte nicht küssen vor den Leuten hier, okay!“ Oma lacht und hebt ihre Hand. „Indianerehrenwort!“, sagt sie und ich klatsche ab. Oma ist cool.
Da kommt uns auch schon Frau Sommer entgegen. Sie begrüßt Oma herzlich.
„Philip, darf ich deine Oma entführen? Ich bringe sie dann gleich mit in die Klasse, wenn der Unterricht beginnt, okay?“
Damit bin ich einverstanden.
„Wer ist die alte Frau?“, fragt mich Hannes. Ich erkläre ihm, dass sie nicht alt ist und dass es meine Oma ist, die coolste Oma von allen. Hannes ist schwer beeindruckt und nimmt das ‚alt‘ zurück.
Dann ist es soweit, wir alle sitzen in der Klasse und als Frau Sommer hereinkommt, springen wir auf und rufen: „Guten Morgen Frau Sommer und guten Morgen Oma von Philip!“
Oma grinst, Frau Sommer auch. Dann ist Oma dran. Sie erzählt von ihrem Buch und hat auch ein paar lustige Beispiele für uns: Wonneproppen für ein süßes Baby mit dicken Backen, Tropfenfänger und damit ist nicht das Taschentuch gemeint, sondern ein Gebilde aus etwas Schaumstoff mit einem Gummiband, das um die Tülle einer Kaffeekanne gelegt wird, damit es nicht auf die Tischdecke tropft. Ich kann die Wörter hier nicht alle aufschreiben, aber ich habe einen Tipp für euch: Legt euch selbst so ein Buch an, denn nun kommt der Hit der Stunde. Jedes Kind bekommt von Frau Sommer ein kleines Sammelbüchlein; von nun an sind wir eine Wörtersammelklasse und wenn wir erstmal einige Wörter gefunden haben, dann laden wir Oma wieder ein und tauschen uns aus. Ja, so machen wir das!

© Regina Meier zu Verl

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Wieder was gelernt (Oma Betty)

„Meine Schwiegermutter“, sagt Oma Betty und drückt auf den Knopf der Kaffeemaschine, „hat sich sogar nachts, wenn sie nicht schlafen konnte, einen Kaffee gekocht und sie hat behauptet, dass sie nach einer Tasse wunderbar einschlafen konnte!“
„Und? Stimmte das?“, will ich wissen, denn Mama sagt immer, dass sie abends keinen Kaffee mehr trinken kann, weil sie dann keine Ruhe findet. Ich darf übrigens aus dem gleichen Grund keine Cola trinken.
„Muss wohl gestimmt haben!“, meint Oma Betty.
„Oma?“
„Ja?“
„Was ist eine Schwiegermutter?“ Ich habe das Wort schon so oft gehört, aber so richtig hinterfragt habe ich das noch nicht.
„Meine Schwiegermutter war die Mutter von deinem Opa!“, erklärt Oma Betty.
„Ach so, meine Uroma, stimmt’s?“ Ich habe sie noch kennengelernt, aber so richtig kann ich mich nicht mehr an sie erinnern.
„Ich bin auch eine Schwiegermutter!“, sagt Oma. „Nun rate mal, wessen Schwiegermutter ich bin!“
„Warte, also du bist ja Mamas Mutter und meine Oma und für meine Kinder würdest du die Uroma sein … ich hab’s, du bist Papas Schwiegermutter!“ Das war eigentlich ganz einfach
„Da hast du das Pferd aber von hinten aufgezäumt!“, lacht Oma und das verstehe ich schon wieder nicht. Wie meint sie das denn nun wieder?
„Das sagt man, wenn man auf Umwegen ans Ziel kommt!“ Ich nicke, verstanden habe ich es noch immer nicht so richtig. Wo war denn da ein Umweg? Jedenfalls weiß ich nun, was eine Schwiegermutter ist. Eines Tages werde ich vielleicht auch eine haben und dann werde ich ihr erzählen, dass die Schwiegermutter meiner Oma nachts immer Kaffee getrunken hat. Man soll ja Erinnerungen wachhalten, oder so!

© Regina Meier zu Verl

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