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Posts Tagged ‘Kindheit’

Ein Kindheitserinnerung

Wir wohnten auf einer Etage mit einer Familie, deren zwei Töchter schon erwachsen waren. Die beiden Mädchen kümmerten sich um uns, wenn meine Eltern mal nicht zu Hause waren und eine der beiden, Doris, hatte mich so ins Herz geschlossen, dass sie mich immer einlud, wenn ihre beste Freundin Käthe auch zu Besuch war.

Ich besuchte damals die Sexta des Städtischen Gymnasiums und fühlte mich mit meinen zehn Jahren schon sehr erwachsen, wenn ich zum Damenkränzchen mit Eierlikör und Salzstangen eingeladen wurde.

Der Abend wurde traditionell mit der Hitparade eingeläutet und wie gebannt starrten wir alle drei auf die Schwarz-Weiß-Mattscheibe.

Ich vergesse nie den Abend, an dem Christian Anders das erste Mal auftrat. Ich war hin und weg als er sang: „Geh nicht vorbei, als wär nichts geschehn, es ist zu spät um zu lügen!“

Sofort verkündete ich den beiden anderen, dass Christian von nun an der meine war und sie sich auf den Kopf stellen könnten, mir das auszureden.

Vier Wochen sparte ich für die Single, und ich hörte sie von da an täglich mindestens zwanzig Mal.

Meine Mutter fand das anfangs ganz amüsant, später durfte ich dann nur noch auf Zimmerlautstärke drehen und kostete es schamlos aus, wenn ich mal allein in der Wohnung war. Meine Zimmerwände waren beklebt mit Bildern und Postern, die ich sammelte und Doris, die damals schon die Bravo lesen durfte, schnitt mir jeden Artikel aus und sammelte sogar den Super-Star-Schnitt. Meine Güte, war ich glücklich.

Später änderte sich mein Musikgeschmack, spätestens, als „Eloise“ von Barry Ryan die Nummer eins in den Charts war. Aber auch diese Phase hielt nicht lange an.

Meine Mutter trauerte der Christian Anders Zeit hinterher, als ich anfing mich für Pink Floyd, Jethro Tull und Exception zu begeistern. Diese Begeisterung hat bis heute angehalten.

Die Schwärmerei für Christian Anders muss wohl mit dem Eierlikörchen zu tun gehabt haben, das ich schon damals trinken durfte.  Dass mir das aber ja niemand meinen Kindern verrät, denn den beiden habe ich kein Likörchen erlaubt bevor sie sechzehn waren…

© Regina Meier zu Verl

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2017-11-20 14.01.05

Das ist es nicht, das Perlonkleid, aber immerhin bin ich hier noch sauber.

Das gelbe Perlonkleid

Gerade habe ich mir alte Fotos angeschaut, Schwarz-Weiß-Aufnahmen, die mein Vater mit seiner Vogtländerkamera geschossen hat. Damals hat er sich im Badezimmer eine Dunkelkammer eingerichtet und alle Bilder selbst entwickelt.
Wir Kinder sollten an solchen Fotolabortagen entweder gleich ins Bett gehen, weil unser Zimmer direkt hinter dem Bad lag, oder wir „mussten“ aufbleiben, bis Papa fertig war. Dieses Opfer haben wir nur allzu gern gebracht und unsere Mutter spielte mit.
„Ihr Armen, wie gern würdet ihr ins Bett gehen und leider dürft ihr nicht!“, pflegte sie zu sagen und wir nickten mit ernsten Gesichtern.
„Könnte ja sein, dass wir aufs Klo müssen und dann wären die ganzen Bilder verdorben“, erklärte ich meinen jüngeren Geschwistern. Das Klo befand sich nämlich nicht im Bad sondern außerhalb der Wohnung. Wir teilten es mit den Strothmännern, einer Familie, die auf der gleichen Etage wohnte wie wir. Irgendwie waren wir alle eine große Familie, denn mit den Strothmännern teilten wir nicht nur die Toilette, sondern auch die Badewanne. Samstags, am Badetag, war bei uns Hochbetrieb. Zuerst badete Familie Strothmann, einer nach dem anderen. Danach waren wir an der Reihe, immer nach dem Motto: Der Sauberste zuerst. Ich war leider ganz selten in der glücklichen Lage, als erste in die Wanne zu dürfen. Meine Schwester war einfach immer sauberer als ich und mein Bruder fing erst später an, sich schmutzig zu machen, da hatte ich die Spielphase im schwarzen Sennesand längst überwunden und schmückte mich mit gelben Perlonkleidchen.

Immer wieder schaue ich mir das Bild an, ich weiß noch genau, wie dieses Kleid aussah und wie es sich anfühlte. Das Muster war eingewebt und lag auf der Stoffoberfläche. Ja sogar den Geruch des zarten Kleidchens habe ich noch in der Nase, denn meine Mutter bügelte es nach der Wäsche immer mit einem nassen Tuch, das in Lavendelwasser getaucht war. Himmlisch!
„Kind, ich bitte dich, mach dich nicht so schmutzig“, sagte sie mit inbrünstiger Stimme, wenn ich es trug. Dabei war ich weit davon entfernt, mich in diesem Prinzessinnenkleid in den Wald oder Sandkasten zu begeben. Im Gegenteil, wie ein Mannequin spazierte ich auf der Straße entlang und blieb alle Nasen lang stehen, um mit Spucke meine Lackschuhe wieder auf Hochglanz zu bringen. Unsere Straße war eigentlich ein Weg, ein Sandweg und man kann sich vorstellen, dass schwarze Lackschuhe gerade mal drei Schritte lang glänzend blieben und dann von einem grauen Schleier überzogen wurden. Vom Abwischen wurden die Hände ziemlich schwarz und gleich danach auch das Gesicht, denn auf dem Land setzten einem die Fliegen doch ganz schön zu, manchmal wollten sie bis in die Nasenlöcher krabbeln und dann musste man sie schnell verscheuchen.

Wenn ein Nachbar sich auf der Straße sehen ließ, fasste ich das Kleidchen am Saum und hob es ein wenig an. Das hatte ich mal bei einer Schauspielerin gesehen und fand das einfach wunderbar. Anschließend wurde dann der bauschige Rock mit den Händen wieder geglättet.
Ich erinnere mich noch gut an den zornigen Blick meiner Mutter, wenn ich nach einem derartigen Ausflug wieder zu Hause ankam. Dann wurde ich ganz still und die Tränen zeichneten Straßen auf meine schmutzigen Wangen.
So richtig doll geschimpft hat meine Mutter aber nicht, das gute Kleid kam wieder in die Wäsche und schon am nächsten Tag duftete es wieder nach Lavendel. Ich war ein glückliches Kind, ja, das war ich.

© Regina Meier zu Verl

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Als ich Kind war, spielte ich mit meinen Freunden in einem nahe gelegenen Wald. Wir bauten Buden und konnten uns stundenlang dort aufhalten. Jeder von uns hatte einen eigenen Baum, auf den nur er klettern durfte. Mein Baum war eine Eiche. sie war nicht so schön gerade nach oben gewachsen, sondern etwas kurz geraten und knorpelig, was für mich aber prima war, da ich als Kind immer voller Ängste war, dass ein Ast brechen könnte oder ich herunterfalle. Ich thronte dann auf meinem kleinen Eichbaum und fühlte mich wie die Königin der Welt.
Vor ein paar Jahren habe ich den Baum zum ersten Mal wieder gesucht und auch gefunden. Groß ist er geworden, aber noch immer unverkennbar verknorpelt und anders als andere. Das Gedicht ist auch schon ein paar Jahre alt – heute kam es mir in den Sinn – habe wohl heute meinen sentimentalen Baumtag.

Ich habe in deinem Schatten gesessen,
geträumt und oft die Zeit vergessen.
In deine Rinde hab ich geschluchzt,
unter dem Dach aus Blättern Zuflucht gesucht.
Meine Sorgen, meine Freuden erzählte ich dir,
ein Gefühl von Geborgenheit fand ich hier.

Du bist noch da, verändert – wie ich,
nach so vielen Jahren besuche ich dich.
Musstest du an deinem Platze stehn,
zog ich aus, um die Welt zu sehn.
Suchte ein Heim, um Wurzeln zu schlagen,
doch dort wo ich bin, kann ich’s kaum ertragen.

Die Kraft und die Ruhe, die dich umgibt,
habe ich schon als Kind geliebt.
Und schnitt ich einst Herzen in deine Rinde,
verzeih mir, dem unwissenden Kinde.
Das, was ich gern hätte, wirst du es mir geben,
Kraft, Würde, Hoffnung – neue Freude am Leben?

© Regina Meier zu Verl / ca. 1984

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Damals und heute

Ich denke zurück an die schöne Zeit,
als wir noch ganz frei und ohne Sorgen
in einem luftig bunten Sommerkleid
begrüßten jeden Ferienmorgen.

Im Freibad Sonnentage verbrachten,
mit Himbeerwasser und Käsebroten,
Fußball spielten, schwammen, tobten, lachten,
vom Rande sprangen, obwohl verboten.

Im Wald dann Buden aus Zweigen gebaut,
mit Moos ausgelegt, vor Eifer erhitzt.
Es wurde niemals auf die Uhr geschaut,
wurd‘s dunkel, sind wir nach Hause geflitzt.

Mama wartete mit dem Abendbrot
auf ihre so fröhliche Kinderschar,
von Kopf bis Fuß schwarz, nur die Wangen rot.
Ich weiß noch so gut, wie glücklich ich war.

‚Noch eine Geschichte‘ bettelten wir,
Mama erzählte uns immer wieder
von Elfen und Zwergen, von Mensch und Tier,
manchmal sang sie uns auch Einschlaflieder.

Aber auch heute ist die Zeit noch schön,
man muss nur den Augenblick genießen,
den Kindern in die Augen seh‘n,
freudig jeden Tag begrüßen.

Sie liebhaben, ihre Hände halten,
sie aufmerksam durch den Alltag führen,
viel Zeit mit ihnen fröhlich gestalten
und öffnen fest verschlossene Türen.

Neugierig, was dahinter verborgen,
lernen, entdecken Tag für Tag,
vergessen kleine und große Sorgen,
das ist die Zeit wie ich sie mag.

© Regina Meier zu Verl 2016

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Wieder packt mich die Sehnsucht,
den Weg meiner Kindheit zu gehen.
Dorthin, wo wir gespielt haben,
unbefangen, ohne Angst,
mit kindlicher Fantasie und Freude.

Steht sie noch, die alte Eiche,
die uns Schutz bot mit ihrem Blätterkleid,
wenn ein leichter Sommerregen
nicht zum Heimgehen bewegen konnte?

Leuchtet die untergehende Sonne noch
im gleichen, warmen Orange,
wenn es Zeit ist, den Weg zurück zu gehen,
nach Hause?

Die Faszination der Erinnerung –
neu gespürte kindliche Freude,
einfach nur noch einmal den Weg gehen,
den Weg der Kindheit.

Immer wieder sind es die Bäume, bei denen ich lande, wenn ich an vergangene Zeiten denke und auch in der Gegenwart sind sie es, mit denen ich mich vergleiche. In dem Gedicht Lebensherbst kommt das auch zum Ausdruck. Ich war so ein richtiges Waldkind und das bin ich wohl heute noch!
Elke teilt die Liebe zu den Bäumen und zum Wald mit mir, mir gefällt ihre Geschichte „Windkind und der kitzlige Nussbaum“ sehr.

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Wieder mal ein kleiner Auszug aus meinen Kindheitserinnerungen …

1060-1970 Neische

Das war eine wahre Festwoche, wenn Fräulein Hollenhorst zu uns kam. Wer ihr den Spitznamen die „Neische“ verpasst hat, weiß ich nicht mehr.

Während ich an sie denke, sehe ich sie deutlich vor mir, mit frisch dauergewellter, blonder Kurzhaarfrisur und Korallen-Ohrringen, die bei jeder Kopfbewegung so herrlich hin- und her wackeln. Zwischen die Lippen hatte sie drei, vier Stecknadeln geklemmt, damit diese immer griffbereit waren.

Schneiderin war sie und sie fuhr mit ihrem Fahrrad von Haus zu Haus, blieb dort ein paar Tage und nähte die neueste Saisonkollektion für die gesamte Familie. Selbstverständlich wurde der Stoff vorher im Sonderangebot eingekauft und so konnte es sein, dass alle drei Kinder Kleidung aus dem gleichen Stoff bekamen, meine Schwester und ich Trägerröcke, meine Bruder eine Latzhose, oft kariert, immer superchic.

Selbst als einmal der Riemen der Singer-Tretnähmaschine riss, behielt sie die Ruhe. Es wurde kurzerhand ein Riemen bei Tante Strothmann, der Nachbarin ausgeliehen.

Aber das war nicht das Wichtigste, für uns Kinder, dass wir neue Kleidung bekamen, viel bedeutsamer war, dass es nach jedem Mittagessen auch einen Nachtisch gab und das war sonst nur am Sonntag der Fall.

Meine Mutter gab sich natürlich ganz besonders große Mühe beim Kochen, weil sie den Gast ja ordentlich bewirten wollte.

Wenn man Fräulein Hollenhorst eine Frage stellte, antwortete sie meist kurz und bündig, doch ein einfaches Ja gab es bei ihr nicht, sie „sagte“ stattdessen Hö-ö-hö und nickte salbungsvoll mit dem Kopf.

Nach dem Mittagessen las sie in Ruhe die Tageszeitung und trank eine Tasse Kaffee, um nach einer Dreiviertelstunde wieder an ihre Arbeit zu gehen.

Ich habe ihr gern zugesehen und wenn ich nicht damals den Entschluss gefasst gehabt hätte, Lehrerin zu werden, dann wäre ich sicher Damenschneiderin geworden, so sehr habe ich sie bewundert. Auch dachte ich mir, dass ich dann sicher wunderbare Sachen zum Mittagessen vorgesetzt bekommen hätte, ein weiteres Argument für diesen Beruf.

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