Aus Omas Wollkorb
„Oma, in meiner Klasse ist einer, der sagt jedes Mal, wenn wir unsere Schuhe an der Klassentür ausziehen: So schöne Socken hätte ich auch gern mal!“, erzählt Philip.
„Ja? Dann mag er wohl selbst gestrickte Socken auch so gern wie du?“ Oma freut sich. Sie strickt für ihr Leben gern Socken und besonders gern für Philip, der das zu schätzen weiß. Seit er klein war, hat sie für ihn gestrickt und er trägt die bunten Fußwärmer fast das ganze Jahr.
„Er hat aber keinen, der ihm welche stricken kann, sagt er!“, erzählt Philip weiter.
„Der Arme!“, bedauert Oma den Unbekannten.
„Ja, finde ich auch. Dabei hat er immer so kalte Füße und neulich hatte er sogar ein Loch im Socken.“
Philip sortiert die Wollknäuel in Omas Handarbeitskorb nach Farben.
„Ein Loch in der Socke ist unangenehm!“, meint Oma.
„Sehr!“, sagt Philip und fischt ein neongrünes Restknäuel aus dem Korb. „Wenn ich stricken könnte, dann würde ich ihm wohl ein Paar stricken, Oma. Ich mag ihn sehr gern!“
Oma schweigt und klappert mit den Nadeln.
„Weißt du seine Schuhgröße?“, will sie dann von Philip wissen.
Der schüttelt den Kopf. „Nee, weiß ich nicht, aber ich könnte ihn fragen. Allerdings …“
„Ja?“
„Dann wäre es ja keine Überraschung mehr. Ich würde ihn gern überraschen, weißt du?“
Oma grinst. Längst hat sie gemerkt, worauf das Gespräch hinauslaufen wird, aber sie lässt den Philip noch ein wenig zappeln.
„Ich könnte dir das Stricken beibringen!“, schlägt sie vor. Philips Mundwinkel wandern nach unten. So hat er sich das nicht vorgestellt.
„Ja, das könntest du, aber es wird eine Ewigkeit dauern, bis ich ein Paar gestrickt hätte. Sicherlich wäre dann schon Sommer und dann ist er nicht mehr da, er zieht nämlich um!“
Oma legt das Strickzeug zur Seite. Viel zu gern würde sie ein Paar Strümpfe für Philips Freund stricken. Der arme Junge soll doch nicht weiterhin mit löchrigen Socken im Unterricht sitzen.
„Sag doch einfach, was du willst, Philip! Das spart Zeit!“, schlägt sie vor und wartet ab.
„Würdest du mir ein Paar stricken, Oma?“
„Na bitte, geht doch!“ Oma lacht. „Dann müssen wir nur noch die Schuhgröße herausbekommen und es kann losgehen!“
„Oma, du bist die Beste. Gleich morgen schaue ich unter seine Schuhe, da steht doch immer die Größe, stimmt’s?“
Oma nimmt ihr Strickzeug wieder auf. In Gedanken sortiert sie schon ihre Wollreste. So ein Paar Kindersocken sind ja schnell gestrickt. Wenn sie sich beeilt, dann kann Philip seinen Freund schon nächste Woche damit erfreuen.
„Sag mal Philip, wie heißt denn dein Freund eigentlich?“, will Oma noch wissen.
„Er heißt Herr Müller und ist unser Sportlehrer!“, sagt Philip fröhlich.
Oma sieht einen jungen, riesigen Mann vor sich, der mindestes Schuhgröße 46 haben wird und da liegt sie gar nicht so falsch. Aber: versprochen ist versprochen, denkt sie sich und das ist ja auch richtig so.
© Regina Meier zu Verl
Süße Geschichte. Ach wie süß. Da muss man zwangsläufig schmunzeln. LG Ela☕
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Schön, Regina! Eine gute Pointe 🙂 Ich denke direkt an meine Oma. Die strickt auch für die Freunde meiner Tochter mit. Zwischendurch kriegt sie dann die Krise, weil ihre Athrose zwickt, aber ein paar Tage später finde ich sie wieder handarbeitend vor dem Fenster sitzen. Sie kann einfach nicht aufhören 🙂 LG, Ruby
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Vielen Dank, liebe Ruby! ❤
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*schmunzel *
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❤
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🌟
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Habe herzhaft gelacht, als ich zum letzten Absatz kam LGLore
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Danke schön, liebe Lore! ❤
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Ein raffiniertes Kerlchen, der kleine Philip in der Geschichte.
Wieder zum Herzerwärmen schön.
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Danke schön!!!! ❤
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Ach, ist das eine nette Geschichte und eine liebe Oma. Ich sitze immer noch schmunzeln vor dem Laptop und freue mich über diese Geschichte. 🙂
LG
Astrid
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Danke, liebe Astrid ❤
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Liebe Regina,
DANKE für diese bezaubernde Geschichte! Ich sitz hier auch schmunzelnd vorm Bildschirm ;O)))
ღ Ich wünsche Dir einen schönen Tag mit ganz viel Glücksgefühl ღ
♥ Allerliebste Grüße , Claudia ♥
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