Luftschlangen gehören dazu
Ein weiches Kissen liegt auf der Fensterbank und die Kaffeemaschine faucht und brodelt. Frau Meyer legt zwei frische Berliner auf einen Teller, dann zieht sich ihre Strickjacke an.
Gleich geht es los. Vielleicht kommen schon die ersten Kinder. Sie schenkt sich eine große Tasse Kaffee ein und öffnet das Fenster, damit sie besser sehen kann. Es ist kalt an diesem Montagmorgen, aber nicht zu kalt. Im letzten Jahr lag sogar Schnee am Rosenmontag, heute wird sie es gut aushalten können an ihrem Fensterplatz.
Sie schaut auf den Schulhof und da kommen auch schon die ersten Kinder. Es sind zwei Cowboys.
„Ach, sind die süß“, denkt Frau Meyer und erinnert sich an Jochen, der auch immer so gern Cowboy-Kostüme getragen hat.
„Was er wohl heute macht? Ob er frei hat?“ Frau Meyer weiß es nicht, denn ihr Sohn wohnt weit weg mit seiner Familie.
„Sicher hat er viel zu tun …“, denkt sie und nimmt einen großen Schluck Kaffee. Das tut gut.
Eine Indianerin betritt den Schulhof und die Cowboys begrüßen sie mit lautem Yippi Yeah Geschrei. Es ist eine der Lehrerinnen, für einen Schüler ist sie viel zu groß. Frau Meyer kann aber nicht erkennen, welche Lehrperson sich im Indianerkostüm versteckt. Dabei kennt sie das Kollegium gut. Schließlich wohnt sie seit vielen Jahren hier und es ist ihre einzige Freude, in den Pausen den Kindern zuzusehen. Da merkt man sich Gesichter und manche Lehrer winken ihr morgens freundlich zu.
Eine Mutter hat eine Prinzessin in einem rosafarbenen Kleidchen an der Hand. Das Kind trägt eine goldene Krone und geht majestätisch über den Schulhof.
Frau Meyer wischt sich eine Träne von der Wange. Sie denkt an ihre Tochter Anja. Das ist ihre Prinzessin.
„Ach, wäre das schön, wenn du jetzt hier wärst, Kind. Ich fühle mich so einsam“, seufzt die alte Dame. Dann beißt sie beherzt in den Berliner und kleckert prompt einen dicken Marmeladenklecks auf die Strickjacke. Berliner gehören einfach dazu am Rosenmontag und Luftschlangen. Wo hat sie denn nur die Luftschlangen wieder hingelegt?
Als Frau Meyer in den Schubladen kramt, schellt es an der Haustür.
„Moment, ich komme!“, ruft sie und eilt in die Diele. Dort drückt sie auf den Türöffner und vernimmt gleich darauf Kinderlachen. Kleine Füße trippeln die Treppe hoch und dann stehen zwei Schlümpfe, ein rosa Schweinchen, ein Bäcker und eine Königin vor ihr.
„Guten Morgen, Mama!“, sagt die Königin und die Schlümpfe und das Schweinchen rufen im Chor „Oma, wir wollen dich überraschen!“
Der Bäcker nimmt Frau Meyer in den Arm und führt sie in die Stube, er drückt sie in ihren Sessel und zieht ein Päckchen Luftschlangen aus seiner Schürzentasche.
„Weil doch Luftschlangen zum Rosenmontag dazu gehören“, sagt er und Frau Meyer wischt sich heimlich noch eine Träne aus den Augen.
Anja ist gekommen, mit der ganzen Familie. Ist das eine Freude.
„Ich freu mich so!“, ruft Frau Meyer und steht auf. Sie geht zum Fenster und ruft auf den Schulhof. „Bis morgen, feiert schön! Ich habe heute keine Zeit, meine Kinder sind da!“
© Regina Meier zu Verl
Liebe Regina,
was für eine wunderschöne Überraschung für die einsame alte Dame! Jetzt hat sie DOCH noch einen schönen Rosenmontag …
Liebe Grüße
Christine
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Danke schön, liebe Chrstine!
Einen schönen Abend dir und liebe Grüße
Regina
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So eine herzerwärmende Geschichte. Eine gelungene Überraschung für Frau Meyer.
Luftschlangen und Berliner gehören tatsächlich dazu. Am Rosenmontag haben wir uns ebenfalls von diesen leckeren Kräppel, Krapfen, Berliner … verführen lassen. Ich kann mich immer noch nicht daran gewöhnen, dass man sie hier in Cottbus als Pfannkuchen bezeichnet. Für mich sind und bleiben es Kräppel.
LG
Astrid
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Danke liebe Astrid,
ich habe gestern auch einen Berliner, so heißen sie hier, verspeist und ihn genossen. Leider bekommt mir Fettgebackenes aber nicht so gut, also reicht das einmal im Jahr!
Herzliche Grüße
Regina
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leider kriege ich vom Berliner ( durchs fettgebackenene) immer leichtes Sodbrennen (danach), was einem echt den Appetit darauf nimmt, Kreppel nennt man sie hier im hessischen Lande, – :-)) sie schmecken aber auch gut, also wenn man sie mag, dann durch – und ein Pillchen dazu nehmen, lacht..
ja liebe Regina, wieder eine entzückende Geschichte, lebendig, bildstark, gut, man kann sich den Anblick der Kid`s die lachend durch den Hof strömen und sich übers verkleiden freuen, gut vorstellen,
schön, dass – in deiner geschichte auch der alte Dame so eine Freude widerfuhr und man könnte nur hoffen, dass das vielen älteren Damen passiert dass sie Faschingstrubelbesuch kriegen….es färbt deren Einsam und alleinsein sicher rosarot…
eine schöner gedanke und eine schöne Geschichte..
Gruß in deinen Morgen und Danke..
angelface
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Liebe Regina,
Martina hat mich auf Dich aufmerksam gemacht und so bin ich heute auf Deinem Blog gelandet…und darf gleich ein so schön geschriebene Geschichte lesen…Du schreibst so
warmherzig und lebensnah. Es war eine Freude Deine Fastnachtsgeschichte zu lesen…
Alles Liebe
Heidi
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Danke schön, liebe Heidi,
ich freue mich, dass du Martina gefolgt bist und mich hier besuchst! Danke für deine lieben Worte!
Herzliche Grüße
Regina
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