Warten auf das Christkind
Als wir Kinder waren, fuhr unser Papa mit uns am Heiligabend zu den Großeltern nach Bielefeld. Mama blieb zu Hause, sie war mit den Vorbereitungen für das Fest beschäftigt. An den beiden Feiertagen kamen nämlich die Großeltern zu uns und da wurden leckere Sachen aufgetischt. Dazu gehörte auch der Sauerbraten, den Mama schon Tage vorher eingelegt hatte, ein riesiges Rindfleischstück, das stundenlang auf dem Herd stand. Natürlich gab es zu Weihnachten nur Selbstgebackenes, Mama war eine Meisterin im Plätzchen backen.
Aber zuvor wurden wir bei Oma und Opa verwöhnt. Wir sangen Weihnachtslieder und jedes Kind bekam eine große Tüte mit Süßigkeiten. Mein Opa erzählte von früher und überall brannten Kerzen. Früher war zu Weihnachten meist Schnee gefallen, so dass die Fahrt nach Hause dann länger dauerte als gewöhnlich, wegen der vereisten Straßen. Sieht man heute Lichter in den meisten Fenstern und Vorgärten, so war das damals eher eine Seltenheit und umso mehr staunten wir, wenn wir einen Weihnachtsbaum in einem Garten entdeckten. In der Stadt gab es mehr Lichter, je weiter wir aber nach Hause kamen, desto dunkler wurde es und die Spannung stieg, endlich den eigenen Weihnachtsbaum anschauen zu dürfen und wie gespannt waren wir, ob in der Zwischenzeit das Christkind gekommen war. Zu gern hätte ich es einmal gesehen, aber Mama erklärte, dass nicht einmal sie es zu Gesicht bekommen habe. Ganz heimlich sei es im Wohnzimmer gewesen und habe dort Geschenke für uns abgelegt.
Zu Hause angekommen mussten wir dann auf dem Flur warten, denn in unsere Wohnung gelangte man nur durch das Wohnzimmer und das war noch Geheimzone. Wir saßen also auf der frisch gebohnerten Treppe und warteten, mucksmäuschenstill, denn es hätte ja sein können, dass das Christkind noch im Hause war und das musste ja, wenn es das Wohnzimmer verließ ebenfalls durch den Flur. Wie sonst hätte es das Haus verlassen sollen?
Nun lag die Toilette aber außerhalb der Wohnung, denn sie wurde gemeinsam mit den Nachbarn genutzt. Im Toilettenraum gab es ein Fenster, das führte auf den Balkon und unser Küchenfenster lag gleich um die Ecke, so dass man von dort in die Wohnung gelangen konnte, wenn man durch Klofenster auf den Balkon und von dort aus dann in die Küche kommen konnte. Von der Küche aus gab es nämlich auch eine Tür zum Balkon. Komisch, dass mir das gerade erst einfällt, als ich diese Erinnerungsgeschichte schreibe. Jetzt wird mir nämlich einiges klar. Das Christkind hat den Balkon genutzt. Das hätte man wissen sollen, denn dann wären wir dem Geheimnis doch schneller auf die Spur gekommen, oder?
Wenn Mama dann auf dem Klavier „Ihr Kinderlein kommet“ spielte, dann war es soweit und wir durften das Weihnachtswohnzimmer betreten. Ich erinnere mich gut, wie sehr mein Herz geklopft hat vor lauter Aufregung, und dass ich im Gesicht ganz grün war, das lag wohl an den Süßigkeiten, die in meinem Bauch herumkullerten – aus Opas und Omas Süßigkeiten Tüte. Was soll man auch sonst machen, wenn man wartet? Essen! Mache ich heute noch, vertrage es aber besser.
Ja, so war das am Heiligabend bei uns.
liebe Regina…wie schön diese alten Kindheitserinnerungen, wie du siehst – hab ich deine gefunden…Weihnachten wie es früher war als wir sie als Kinder erlebten müssen einfach aufgeschrieben werden um unseren heutigen Kindern ein Bewusstsein an die Hand zu geben. Diese sind bei all dem Luxus und den selbstverständlichkeiten nicht in der Lage sich vorzustellen dass es je anders war, ein Klo außerhalb der Wohnung, ein waren auf dem Flur bis es klingelt oder läutet, die Hochspannung und Vorfreude der Erwartung das Bewusstsein hinter der Tür wartet das Christkind – irgendwie undenkbar dass das wirklich einmal so war und wie wundrschön es war als man sich noch äußerst bescheiden auf den köstlich bunten Teller mit seinen Überraschungen freute.!!!
all das in unserer Erinnerung – trotz oder vielleicht gerade darum -Entbehrungen die wir hatten ist doch wunderbar, denn wir haten eines FRiede im herzen und Dankbarkeit für das was man bekam. Kinderliebe und Aufmerksamkeit.
ich bin froh dass du uns diese geschichte zum vorlesen geschenkt hast..
all meine guten Wünsche für dich und das neue Jahr…(das Engelschen düfte meine guten Wünsche für dich schon vor der Haustür abgelegt haben…lächelt angel…
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